Ein Wochenende im Dschungel

Am Wochenende bin ich vom 26.-27.10. mit zwei weiteren Freiwilligen meiner Organisation Esther und Mira in das drei Stunden entfernte Puyo gefahren. Obwohl wir nur zwei Tage dort verbringen konnten, bin ich mit unzähligen neuen Erfahrungen nach Ambato zurückgekehrt.
Puyo ist eine relativ kleine Stadt, die im sogenannten Oriente, dem Regendwald Ecuadors, liegt. Sie ist die Hauptstadt der größten Provinz Pastaza und liegt am Rande des Amazonasbeckens. Wir wollten eigentlich schon vor drei Wochen nach Puyo, doch der Streik (den ich in meinem letzten Blogeintrag thematisiert hab) hielt uns davon ab.
Ich hatte vorher schon etwas von Puyo gehört und einige Bilder gesehen, weil ein paar andere Freiwillige letzte Woche dort waren. Ich hatte große Vorfreude, denn die Stadt ist umgeben vom Dschungel.

Am Samstag trafen wir uns um 8 Uhr morgens am Busterminal. Die Busfahrt nach Puyo dauerte drei Stunden. Auf der Fahrt fuhren wir an dem Ort Baños vorbei, wo ich schon insgesamt dreimal war und wo wir auch das letzte Wochenende verbracht haben. Eigentlich mag ich Busfahrten nicht besonders, aber die Fahrt nach Puyo war wirklich sehr erstaunlich. Mit jedem Kilometer, mit dem wir uns weiter von Baños entfernten, wurde es um uns herum grüner. Die Berge wurden kleiner, aber waren dafür sehr grün und bis zu den Spitzen mit Palmen bedeckt. Die Landschaft erinnerte mich an die Filme "Jurassic Park". Der Fluss wurde immer größer und irgendwann hörten die Berge auf und wir fuhren durch den Dschungel. Es war total erstaunlich, diesen Übergang von der Sierra (Andenlandschaft) zum Oriente zu sehen.

Als wir in Puyo ankamen regnete es erstmal, was aber nicht ungewöhnlich war und wir auch bald herausfinden würden. Nach einer kurzen Taxifahrt checkten wir in unserem Hostel ein und merkten sehr schnell, dass wir mit einem anderen Pärchen die einzigen Gäste waren. Mittags gingen wir ein wenig durch die Straßen und brauchten erstmal etwas länger, bis wir ein ansprechendes Restaurant fanden. Puyo ist mit seinen knapp 30.000 Einwohnern zwar größer als Baños, aber auch weniger touristisch, weshalb es weniger nette Cafés, Hostels und Restaurants gibt.

Wir hatten uns im Vorraus schon in Reiseführern darüber informiert, was man so in der Stadt machen kann. Dabei fiel uns auf, dass es ein paar Angebote gibt, wovon aber die meisten außerhalb der Stadt liegen. Wir entschieden uns dazu, zuerst in einen Dschungelabschnitt zu fahren, in dem gerettete Tiere, vor allem aber Affen, aufgepäppelt und anschließend freigelassen werden.
Die sogenannte Auffangstation "Paseo De Los Monos" lag circa zehn Minuten außerhalb der Stadt. Als wir dort ankamen, trafen wir auf eine deutsche Rentnerin, die schon seit einem Jahr alleine durch Südamerika reist. Nach einem kurzen Gespräch gingen wir durch den ziemlich kleinen Eingang (der eigentlich nur ein Tunnel durch dichte Pflanzen war) und waren nach zehn Metern gefühlt in den Tiefen des Regenwalds. Überall um uns herum war es grün. Wir folgten einfach dem Weg und erreichten ein Haus, bei dem uns ein Ecuadorianer begrüßte. Der Eintritt kostete 3$ und der Ecuadorianer erzählte uns zunächst etwas über die Auffangstation. Dort leben zum Beispiel Affen, die angefahren oder von ihren Müttern ausgesetzt wurden. Einer der Affen kann nicht alleine leben, weil er Autismus hat. Die meisten der Tiere waren in großen Käfigen, aber manche Affen liefen frei herum und so hüpfte einer auch kurzerhand auf Miras Schulter. Ein Rundgang führte uns tiefer in den Wald an einem Fluss entlang. Wir sahen Riesenameisen und bunte Vögel, aber vor allem beeindruckte uns die große Vielfalt der Pflanzen mit teils riesigen Blättern. Nach circa einer Stunde beendeten wir den Rundgang und da dort keine Busse fuhren, gingen wir die Straße zu Fuß zurück und versuchten per Anhalter bis nach Puyo zu gelangen (hier in Ecuador ist es total normal von fremden Leuten mitgenommen zu werden. Meistens setzt man sich dann einfach hinten auf die Ladefläche des Pickups). Das Hitchhiking gestaltete sich jedoch nicht als einfach. Entweder waren Autos schon voll, oder die Leute winkten uns nur zu. Zum Glück kam nach ein paar Minuten ein Bus.


Eine Lichtung während des Rundwegs


Ein Affe der Auffangstation
Ich während des Rundgangs

 Nachdem  wir wieder in Puyo waren, entschieden wir uns zu einem botanischen Garten, dem "Parque Etnobotánico Omaere", zu gehen, der ziemlich nah an unserem Hostel war. Dort angekommen bekamen wir für 1,50$ pro Person eine einstündige Führung durch den Park, der vor 25 Jahren angepflanzt wurde. Im Prinzip war der Park wie ein Teil des Dschungels, indem wir schon ein paar Stunden vorher waren. Die Führung wurde von einem Indigenen Guide durchgeführt, er erzählte uns viel über Medizin, die aus verschiedenen Pflanzen des Dschungels gewonnen werden kann. Am Ende der Tour erzählte er uns noch von dem Dorf in dem er lebt, welches tief im Regenwald ist. Er sagte, dass es dort einen Zeltplatz für Touristen gibt und wir willkommen seien. Mal schauen, ob wir das Angebot in Zukunft annehmen werden.


Ein Mann, der mit uns die Führung durch den Park gemacht hat. Danach saßen wir noch kurz mit dem Guide und dem Besitzer zusammen und haben geredet. Ich finde das Bild irgendwie ästhetisch.

Nachdem wir samstagabends noch Feiern waren, gab es am nächsten Tag ziemlich früh Frühstück. Das passte uns ganz gut in den Zeitplan, denn wir mussten sowieso früh aufstehen um das zu machen, was wir uns vorgenommen hatten. Es stand zwar nicht im Reiseführer, aber wir hatten herausgefunden, dass circa 30 km von Puyo entfernt ein wunderschöner Wasserfall und nicht viel weiter entfernt ein toller Aussichtspunkt sein soll. Das konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen.
Nachdem wir ausgecheckt und uns auf dem Weg gemacht hatten merkten wir, dass es gar nicht so leicht war dorthin zu kommen. Anscheinend gab es nur drei Busse pro Tag, die die Strecke fuhren. Wir konnten die Haltestelle nicht finden und waren kurz davor aufzugeben, jedoch entschlossen wir uns im Endeffekt dazu, einen Taxifahrer zu bitten uns hinzufahren und an einer bestimmten Uhrzeit wieder abzuholen.
Wir hielten also ein Taxi an und erklärten ihm was unser Plan für den heutigen Tag war. Der Fahrer war ein netter Mann mittleren Alters und bat uns erstmal ins Auto zu setzen. Nachdem ihm der ganze Plan mit dem Hinfahren und Abholen zu kompliziert war, fragte er uns ob es denn nicht einfacher wäre wenn er uns einfach den ganzen Tag begleitet. Er könne uns dann zusätzlich Sachen zeigen. Wir handelten einen Preis von 50$ aus und machten uns auf den Weg.
Gerade als wir losfuhren fing es an heftig zu regnen. Mit dem Taxi fuhren wir langsam immer tiefer in den Regenwald, wobei der Regen aber nicht weniger wurde, sondern eher zunahm. Das Auto beschlug on innen und die Scheibenwischer konnten einen Großteil der Wassermasse gar nicht beseitigen. Es war so viel Wasser auf der Straße und dunkle Wolken waren am Himmel zu sehen, sodass ich schon befürchtete es würde gar nicht mehr aufhören. Unser Taxifahrer versicherte uns aber, dass im Moment die regenreichere Zeit des Jahres begonnen hat und diese täglichen heftigen Regenschauer komplett normal waren und so schnell aufhören, wie sie gekommen sind.

Tatsächlich wurde der Himmel nach ein paar Minuten klarer und es hörte im richtigen Moment auf zu regnen, nämlich als wir bei unserem ersten Stopp ankamen: Einem indigenen Dorf, welches direkt am Fluss, dem Río Pastaza, liegt. Wir stiegen aus und schauten uns ein bisschen um. Es war kein Mensch dort und das Ganze wirkte auch nicht sehr authentisch, sondern eher so als ob es für Touristen ins Leben gerufen wurde. Wir gingen also ein bisschen rum und erreichten einen kleinen und ruhigen Fluss. Als wir am Ufer standen konnten wir unseren Augen kaum trauen: Im Wasser schwommen zwei Alligatoren, und das nicht einmal weit entfernt von uns. Ich glaube in diesem Moment realisierte ich zum ersten Mal, dass wir gerade wirklich im Dschungel waren.
Da es an diesem Ort nicht super viel zu sehen gab, fuhren wir als nächstes zu der Sache auf die ich mich schon am meisten gefreut hatte: Dem Mirador Indichuris.
Für drei Dollar konnte man die Treppen zum Aussichtspunkt hochgehen, einen kleinen Rundgang durch die selbstgebauten Tunnel machen und auf einem Schwingseil über einen Abgrund schwingen.
Mit unserem Taxifahrer machten wir uns also auf den Weg und erreichten nach ein paar Minuten Treppensteigen den höchsten Punkt. Da dieser Aussichtspunkt nicht sehr bekannt unter Touristen ist, waren wir die einzigen dort. Die Aussicht war wirklich unglaublich: Man konnte auf den Anfang des Amazonasbeckens schauen und sah wirklich nichts außer unendliche Weiten von grünem Dschungel. In der Mitte des Ganzens lag der Fluss Pastaza. Man konnte auf einem Steg nach vorne laufen und sich beim Aussichtspunkt in eine Hängematte legen und den Ausblick genießen. Nachdem wir Fotos gemacht und die Aussicht auf uns wirken gelassen hatten, entschlossen wir uns dazu mit dem Schwingseil zu schwingen. Es war einfach nur ein Seil, dass an einem Ast eines Baumes befestigt war. Beim Schwingen gab es als Sicherung nur ein weiteres Seil, dass um die Hüfte gebunden wurde. Ob man dieser Konstruktion vertrauen kann, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Ich entschied mich dafür und es war defintiv die richtige Entscheidung. Man hat sich einfach für diese kurze Zeit, in der man über ein Stück des Regenwalds geschwungen ist unendlich frei gefühlt. Nach diesem Adrenalinkick legten wir uns noch etwas in die Hängematten und bewunderten die Aussicht.


Mira und ich am Río Pastaza, der übrigens in den Amazonas fließt


Ich am Steg mit dem Ausblick aufs Amazonasbecken
Das Schwingseil mit der vielleicht besten Aussicht der Welt ;)
Eine der selbstgebauten Höhlen, durch die wir mit Handytaschenlampen gegangen sind
Esther und ich auf Hängematten beim Aussichtspunkt

Nachdem wir uns entschlossen hatten weiterzugehen, fuhren wir zu unserem weiteren Stopp: dem Wasserfall Hola Vida.
Wir wanderten circa 20 Minuten durch den Regenwald, wobei wir aufpassen mussten, wo wir  hintraten, weil der Boden ziemlich schlammig war. Der Weg führte an einem kleinen Fluss entlang. Überall um uns herum war es grün und die Luftfeuchtigkeit war sehr hoch. Egal was man anfasste, alles war irgendwie nass. Dieser Teil des Regenwalds war noch erstaunlicher als der Teil, den wir am Tag davor gesehen hatten: Die Bäume waren höher, die Pflanzen dichter, das Grün hatte noch mehr unterschiedliche Töne.
Am Ende des Weges hörte man ein immer lauteres Rauschen, sodass man wusste, dass der Wasserfall nicht mehr weit war. Als wir endlich ankamen, mussten wir das Ganze erstmal auf uns wirken lassen: Vor uns lag ein knapp 50 Meter hoher Wasserfall, der in ein Wasserbecken stürzte. Es war super erfrischend dort, weil ein kleiner Wind herrschte. Mira und Esther gingen im Wasserbecken schwimmen, während ich hinter den Wasserfall kletterte. Die Tropfen die von der Wand auf mich fielen, glichen einem Starkregen. Ich stellte mich auf einen Stein im Wasser und schaute einfach nur nach oben: Die Landschaft war so erstaunlich. Überall hingen Lianen und diverse Pflanzen herunter. Vögel zwitscherten und ich war einfach komplett überwältigt. Der Regenwald gibt einem irgendwie nochmal ein ganz anderes Lebensgefühl. Ich verstehe wirklich nicht, wie ihn Leute roden können.

La cascada "hola vida"
Ich hinterm Wasserfall, danach war ich komplett nass
Mein Lieblingsbild aus dem Dschungel
Dieser Tag war bisher defintiv mein Highlight in Ecuador. Ich komme bis heute irgendwie nicht ganz auf den Fakt klar, dass ich wirklich schonmal dort war. Oftmals hat es sich so angefühlt wie in einem Tropenhaus im Zoo. Dass die Stadt Puyo nur am Anfang des Orientes von Ecuador liegt, reizt mich umso mehr, noch mehr davon zu sehen und auch in die tieferen Gebiete des Amazonas zu gehen. Auch bin ich sehr glücklich, dass wir einen so offenen Taxifahrer hatten, der uns wirklich den ganzen Tag begleitete und mit dem wir auch viele interessante Konversationen führten.

Mit diesen Worten verabschiede ich mich:

¡Hasta Pronto!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Abbruch meines FSJ (durch Corona)

Weihnachten in der Familie & Silvester am Strand

Update #2: Ein Drittel ist vorbei